Von Jan Bruins WEENER.

 

Fernfahrer geht an Feiertagen auf Sendung
»Rundfunkpirat« Michael Bleeker
Das »Studio Rheiderland« befindet sich in einer Gartenhütte.
Der Piratensender ist einer der letzten seiner Art in der Region.
Ein lieber Gruß geht jetzt ins Altenzentrum, euer Musikwunsch wird natürlich gerne erfüllt.
Michael Bleeker erfüllte über Pfingsten Hunderte von Musikwünschen.
Er war mal wieder auf Sendung: »Studio Rheiderland« auf 95,3 Megahertz, so seine Frequenz.
Im Umkreis wurden vielfach plötzlich nicht mehr andere Radiosender eingeschaltet, sondern der »Piratensender« eines kräftigen Fernfahrers, dessen Partyhütte am Wochenende zum Rundfunkstudio umfunktioniert wurde.
Ich spiele hauptsächlich die Musik, die nirgendwo mehr zu hören ist«, sagt der 36-Jährige, der zuerst nicht genannt werden wollte, dann aber eingestand: Anhand
meiner Telefonnummer und bei einer eventuellen punktgenauen Ortung wissen die Behörden ja eh Bescheid.
Denn das, was Michael Bleekermacht, ist grundsätzlich illegal und könnte unter Umständen bei einer Bestra-fung richtig teuer werden.
Seit acht Jahren betreibt er mittlerweile seinen Piratensender
Aber nur hin und wieder«, erzählt er und fügt hinzu: »Eigentlich nur über die Feiertage wie Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Silvester.«
Das Corpus Delicti« steht auf der Waschmaschine.
Ein schwerer schwarzer Kasten,so groß wie ein Verstärker für eine Stereoanlage, sendet mit rund 300 Watt über die hohe Antenne am Haus über die Dächer in der Stadt hinaus.
Auf UKW 95,3 wird die Frequenz überlagert und so ist laut Bleeker im Umkreis von vielleicht 30 bis 40 Kilometern die Musik aus Weener zu hören.
Mehr noch: Im Internet war der »Piratensender« über Pfingsten auf der ganzen Welt zu empfangen.
Michael Bleeker und seine Freunde haben Spaß an der Sache. »Es gibt doch nichts Schöneres, als den Menschen mit Musik eine Freude zu machen«, meint er.
Auf gut 80.000 Lieder, 500 Schallplatten und 1000 CD’s kann er zurückgreifen.
Meist volkstümliche Musik, Schlager und verrückte Sachen, für die heutzutage die kommerziellen Sender kaum ein Gehör finden, so Bleeker.
Das »Studio Rheiderland« gehört neben »Radio Halligalli« aus Diele zu den letzten Schwarzsendern in Rheiderland.
In den 1980’er Jahren waren noch mehr als 250 »Piratensender« zwischen der niederländischen Grenze und der Weser aktiv, mehr als zwei Dutzend davon alleine im Rheiderland.
Die Bundesnetzagentur hob einen nach dem anderen aus und saftige Geldstrafen folgten sogleich, was für die allermeisten das Ende ihres Wirkens bedeutete. »Ich bin in all den Jahren noch nicht kontrolliert und erwischt worden«, freut sich Michael Bleeker – und hofft natürlich auch, dass das auch so bleibt.
Derweil ist in seinem großzügigen Garten Party angesagt.
Ein voller Kühlschrank mit Kaltgetränken und ein glühender Grill: Bleeker lud nicht nur Freunde, Kollegen und Verwandte ein: »Ich habe immer ein offenes Studio, jedermann ist immer herzlich willkommen.
Jeder durfte natürlich auch gerne einen kleinen Obolus in eine Schale legen und sich dann frei bedienen.
Nur einer hatte kaum Zeit, in aller Gemütlichkeit ein Bierchen zu trinken: Michael Bleeker kam langsam ins Schwitzen. Dutzende von WhatsApp-Nachrichten und Mitteilungen über Facebook gingen innerhalb weniger Minuten ein.
Alle mussten erst mal »abgearbeitet« werde.
Welcher Sender liest schon noch vor, dass der Opa über alles geliebt wird und zudem ein ganz kurioser Musiktitel gewünscht wird, zu dem Opa vielleicht in jungen Jahren mal getanzt hat, meint der Rundfunkpirat und lacht.
Wer weiß, vielleicht kommen ja schon bald Musikwünsche aus dem Altenzentrum wie die Beatles oder die Rolling Stones.
Diesmal legt er aber noch etwas von Heino auf, in seiner Partyhütte mit dem Nachbrenner auf der Waschmaschine.